Mountainbike: Fully oder Hardtail

Mountainbike: Fully oder Hardtail

Welches MTB passt besser zu mir?

Veröffentlicht am

Die Frage nach dem besten Fahrwerk beschäftigt die meisten Biker bis heute.
Vollgefedertes Bike oder starrer Rahmen mit Federgabel? Gibt es handfeste Kriterien, die
einem die Entscheidung erleichtern? Ist eines der beiden Fahrwerke messbar besser?
Oder ist das alles eher eine Glaubensfrage?

Im RABE Bike Magazin möchten wir die beiden Konzepte einmal vergleichen. Und auch ein
paar ungewöhnliche Betrachtungen in die Diskussion werfen! Zum Beispiel, ob ein
ungefedertes Fahrrad im Gelände überhaupt Sinn macht? Zum Vergleich: Ein Motocross oder
Geländewagen-Fahrer würde doch auch niemals mit einem starren Fahrwerk durchs
Gelände holpern.

Zwei Fakten sprechen für ein Hardtail MTB

1. Das niedrige Gewicht

Ein gefedertes Fahrwerk ist schwer. Federelemente, Öldämpfung, stabile Bauteile und ein
aufwändiger Rahmen mit Gelenken. All das bringt zusätzliches Gewicht auf die Waage.
Bei einem motorisierten Fahrzeug spielt das kaum eine Rolle. Bei einem
muskelbetriebenen Mountainbike aber schon! Je leichter das Bike ist, desto effizienter
kann es der Fahrer antreiben. Ein Mountainbike mit starrem Rahmen ist und bleibt in
Punkto Gewicht unschlagbar.

Ein Hardtail mit Carbon Rahmen kann deutlich unter 10 Kilo wiegen.

2. Die reaktionsschnellen Fahreigenschaften
Bei älteren, vollgefederten Mountainbikes kann sich das Pedalieren des Fahrers aufgrund
des variierenden Kettenzugs aufs Fahrwerk auswirken. Ebenso die
Gewichtsverlagerungen beim Wiegetritt bergauf. Dieses Wippen und das damit
verbundene schwammige Fahrgefühl erzeugt das Gefühl eines Kraftverlustes. Beim
starren Rahmen eines Hardtails hingegen ist die Kraftübertragung aufs Hinterrad stets
direkt.
Bei modernen Fullys ist dieser Nachteil aber kaum spürbar. Denn ihre Hinterbauten
besitzen ausgefeilte Kinematiken und intelligente Federelemente. Richtig abgestimmt kann
das Fahrwerk Schläge von den Bewegungen des Fahrers unterscheiden.

Entscheidungskriterium: Einsatzbereich

Eine verbreitete Aussage ist: Ein Hardtail eignet sich nur fürs Mittelgebirge und Forstwege.
Das kann man pauschal aber nicht sagen!

Du kannst auch mit einem Hardtail eine Alpenüberquerung in Angriff nehmen und Spaß
auf den Trails haben! Aber: Je anspruchsvoller das Terrain ist, desto mehr Fahrkönnen ist
nötig, um mit einem Hardtail im Hochgebirge fahren zu können.

Abfahrten wie diese, sind mit einem Hardtail deutlich schwieriger zu meistern, als mit einem vollgefederten Fahrwerk.

Bestes Beispiel ist der Cross Country Worldcup. Fast alle Elitefahrer sind auf Hardtails
unterwegs. Und das im Renntempo auf Kursen, die ein durchschnittlicher Biker selbst mit
einem Fully kaum meistern könnte. Das Fahrkönnen der Profis ist auf einem unglaublich
hohen Level. Damit können sie die Vorteile eines starren Rahmens kompromisslos
ausnutzen:

Das geringe Gewicht

Selbst das leichteste vollgefederte Bike kommt nicht an das Federgewicht eines Carbon-Hardtails heran. Man kann sagen, dass ein Hardtail in derselben Ausstattungsklasse wie ein vergleichbares Fully im Schnitt ein Kilo weniger auf die Waage bringt.

Der direkte Vortrieb.

Rennfahrer schätzen die unmittelbare Reaktion des Antriebs auf den Antritt. Auch wenn die modernen Fullys so antriebsneutral wie nie zuvor sind, kann man in bestimmten Situationen Unterschiede bemerken. Die Übertragung ist geringfügig schwammiger. Das hängt auch mit der allgemeinen Steifigkeit zusammen. Denn ein Hinterbau mit Gelenken und Umlenkhebeln kann nie so steif kontruiert werden wie ein starres Rohr-Dreieck.

Rennfahrer und sportliche Biker schätzen bei einem Hardtail besonders das direkte Fahrgefühl im Wiegetritt bergauf.

Das agile Handling

Durch das geringe Gewicht fühlt sich ein Hardtail einfach reaktionsfreudiger an. Ein Vorteil im Rennen, wenn man in sekundenschnelle eine Linie wählen muss. Hinzu kommt eine sportliche Geometrie mit vergleichsweise steilem Lenk und Sitzwinkel. Aber Vorsicht! Für weniger versierte Fahrer fühlt sich ein solches Fahrverhalten auch deutlich nervöser und unruhiger an, als bei einem Fully.

Komfort-Tuning beim Hardtail – Oder doch lieber gleich ein Fully?

Die Einsatzbereiche Marathon, Touren und Trails überschneiden sich stark mit dem
bevorzugten Terrain von Fullys. Besonders wenn man lange im Sattel sitzt, können
vollgefederte Fahrwerke ihre Vorteile ausspielen (siehe auch Punkt „Kriterum Fakten &
Messdaten). Und sind damit für viele Biker die bessere Wahl!
Seit Machtübernahme der 27,5-Zoll und 29-Zoll-Laufräder hat sich die Sichtweise auf
Hardtails jedoch wieder verändert. Denn die gegenüber den früher üblichen 26-Zoll-
Laufrädern verbesserten Rolleigenschaften bedeuten einen spürbaren Zugewinn an
Komfort. Hindernisse lassen sich leichter überwinden und Vibrationen auf grobem
Untergrund werden abgedämpft. Der Komfort lässt sich mit breiten Reifen und
wohldosiertem Luftdruck noch weiter verbessern. Damit haben sich Hardtails den Fullys
wieder angenähert.

Wenn du gerne über Flowtrails düst, schnelle Antritte nach engen Kurven liebst und generell ein spielerisches Handling magst, dann kann ein Hardtail das richtige Bike für dich sein.

Entscheidungskriterium: Budget

Die Entscheidungsfrage „Fully oder Hardtail“ stellen sich hauptsächlich Einsteiger mit
begrenztem Budget. Viele können auch noch nicht abschätzen, wie intensiv sie den MTBSport
betreiben wollen. Deshalb schrecken sie davor zurück, ins Ungewisse zu investieren. Erfahrene Mountainbiker haben hingegen in der Regel bereits beide Bike- Typen ausprobiert und können sich eine eigene Meinung bilden.
Die Preise für Hardtails starten bei etwa 600 Euro. Für ein Hardtail mit soliderer und
langlebigerer Ausstattung solltest du etwa 800 bis 1000 Euro kalkulieren. Und um 1500
Euro findest du bereits Hardtails mit hervorragenden Ausstattungen, zum Beispiel mit
Shimano XT Komponenten. Einzelne Modelle besitzen sogar einen Carbon Rahmen.
Ein Fully auf vergleichbarem Ausstattungsniveau ist im Verhältnis etwa 1000 Euro teurer.
Fullys zwischen 2500 und 3000 Euro bieten das beste Preis-/Leistungsverhältnis. Gute
Beispiele für Ein- und Aufsteiger sind das CUBE Attention und das CUBE Stereo.




Entscheidungskriterium: Fakten und Messdaten

Fully oder Hardtail? Welcher Bike-Typ ist denn nun tatsächlich besser im Gelände? Dieser
Frage ist das Fachmagazin BIKE bereits nachgegangen. Aber nicht nur auf Basis von
reinen Gefühlen eines (Profi-)Testfahrers, sondern zusätzlich mit Hilfe modernster
Elektronik!
Für den Praxistest wurden Fahrer und Bike aufwändig mit Mess-Sensoren verkabelt. Das
Fahrwerks-Setup des Fullys wurde für jede Runde verändert: von bretthart (als Referenz
fürs Hardtail) bis komfortabel (als Referenz fürs Fully). Im Test absolvierte der Fahrer
immer wieder einen genau definierten Rundkurs, der alle Gelände-Elemente beinhaltete,
die man in der Regel auf Tour antrifft. Am Ende jeder Runde wurden die Ergebnisse
ausgewertet.
Der Test ergab ohne Zweifel: Fullys haben selbst im leichten Gelände die Nase
gegenüber den Hardtails vorn!

Die Vorteile im Detail:

  • Bessere Traktion. Beide Räder halten ständig den Kontakt zum Untergrund. Das bedeutet Sicherheit, zum Beispiel in Kurven oder bei schneller Fahrt. Selbst beim Bergauffahren zahlt sich die Traktion aus: Das Hinterrad krallt sich förmlich in den Boden und rutscht nicht so schnell durch. Das Überwinden von Wurzeln oder Stufen im Anstieg wird zum Kinderspiel.
  • Weniger Ermüdung des Fahrers. Das Fahrwerk mildert nicht nur grobe Schläge ab, sondern dämpft ständige Vibrationen, filtert fast unmerklich die Lastspitzen heraus. Das bedeutet: Der Organismus wird geschont, der Fahrer erschöpft nicht so schnell. Längere Touren sind möglich.
  • Neben der besseren Effizienz beim Pedalieren wirst du auch auf technisch anspruchsvollen Abfahrten mit dem Fully eine Klasse besser fahren. Ganz zu schweigen vom erhöhten Fahrspaß!

Unser Fazit

Tourenfahrer, Alpenüberquerer und alle, die technisch anspruchsvolle Trails fahren wollen,
kommen an einem Fully kaum vorbei. Ebenso Freerider und Fans von Bikeparks. Wer sich
für ein Hardtail entscheidet muss damit rechnen, im extremen Gelände an seine Grenzen
zu kommen. Andererseits lernt man auf dem Hardtail, seine Fahrtechnik zu verbessern.
Ein Hardtail verzeiht weniger Fehler, man muss konzentrierter auf die Fahrlinie achten.
Aber egal ob Fully oder Hardtail – letztendlich kannst du mit beiden Typen Spaß auf dem
Trail haben. Und darauf kommt es schließlich an!

Am besten kommst du einmal in einer unserer Filialen vorbei und erfährst die
Unterschiede auf einer Probefahrt einmal selbst.

Hardtail vs. Fully – Die Vor- und Nachteile auf einen Blick

Hardtail

PRO:

  • günstiger Einstiegspreis
  • niedriges Gewicht
  • unkompliziertes Handling

CONTRA:

  • weniger Komfort
  • geringere Traktion
  • erfordert höheres Fahrkönnen

Fully

PRO:

  • maximale Traktion und Kontrolle
  • hoher Komfort und Sicherheit
  • weniger Ermüdung des Fahrers

CONTRA:

  • teurer als ein Hardtail
  • höherer Wartungsaufwand
  • höheres Gewicht

Für weitere Tipps empfehlen wir dir außerdem einen Blick in die Kaufberatungen in den jeweiligen Rubriken. Dort findest du weitere Details über die beiden Bike-Typen.