Das neue Trek Slash 9 im Test

Das neue Trek Slash 9 im Test

Das Race-Enduro von Trek auf dem Prüfstand

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Das Enduro Race-Bike von Trek, das Slash, hat eine Komplett-Revision bekommen. Neue Geometrie, neues Hinterbau-Konzept und neue Laufradgrößen. Am neuen Slash finden sich eigentlich alle Neuheiten, die das Enduro-Segment in den letzten Jahren gesehen hat.

Inhalt:

Neuheiten, Specs und Features

Eckdaten

Das Slash kommt mit 170 mm Federweg vorne und hinten, 63.5 Grad Lenkwinkel, circa 77 Grad effektivem Sitzwinkel, größenspezifischen Kettenstrebenlängen, Rahmengrößen von S bis XL und Platz für eine Wasserflasche, sowie ein Staufach im Unterrohr, das man sowohl am Carbon- wie auch am Aluminiumrahmen findet. Das Slash setzt ein Häkchen in jeder Box auf der Wunschliste des modernen Enduro-Piloten. Und damit hört es noch nicht auf. Das Bike kann mit zahlreichen Einstellmöglichkeiten weiter angepasst werden. Beispielsweise kann eine Gabel mit bis zu 190 Millimetern Federweg verwendet werden. An der unteren Dämpferaufnahme befinden sich zwei Positionen, für wahlweise 20 oder 25 % Prozent Progression der Kinematik und im Aftermarket sind Steuersatzschalen mit 1 Grad Verstellmöglichkeit für einen steileren oder flacheren Lenkwinkel erhältlich.

  • 63,5 Grad Lenkwinkel
  • ca. 77 Grad Sitzwinkel
  • Größen S–XL
  • Zwei Progression-Einstellungen (20 oder 25%)
  • Staufach und Platz für einen Flaschenhalter
  • 170 mm Federweg vorne und hinten

Neuer High Pivot Hinterbau

Die auffälligste Neuerung am neuen Slash ist wahrscheinlich das überarbeitete Hinterbau-Layout mit erhöhtem Drehpunkt und den beiden Umlenkrollen. Damit ist Trek, nach Cannondale mit dem Jekyll, einer der ersten großen Hersteller, der einen High-Pivot Hinterbau im Enduro-Segment verwendet.

Die Vorteile? Der höhere Drehpunkt sorgt dafür, dass das Hinterrad beim Einfedern weiter nach hinten ausweichen kann. Dadurch soll ein geschmeidigeres Gefühl entstehen. Das hat allerdings auch zur Folge, dass sich die Kettenstrebe stärker als bei herkömmlichen Hinterbauten längt. Um den dadurch entstehenden Pedalrückschlag zu vermeiden, wird die obere Umlenkrolle nahe dem Haupt-Drehpunkt positioniert. Die untere Umlenkrolle erhöht die Kettenumschlingung am Kettenblatt und sorgt zusätzlich für eine reduzierte Bewegung des Schaltwerkskäfigs, der die Kettenstrebenlängung schlussendlich ausgleichen muss.

Das neue Hinterbau-Design sorgt außerdem dafür, dass ein durchgehendes Sitzrohr verwendet werden kann. So können auch bei mittleren und kleinen Rahmengrößen schon Sattelstützen mit viel Hub gefahren werden. Mehr Hub bedeutet mehr Bewegungsfreiheit!

Flexible Laufradgrößen

Aktuell liegen gemischte Laufradgrößen im Trend. Das kleinere 27,5 Zoll Hinterrad verspricht ein agileres Handling und mehr Bewegungsfreiheit gegenüber einem 29 Zoll Hinterrad. Das neue Slash kommt ab Werk mit Mullet-Laufrädern, also eben mit gemischten Laufradgrößen, kann aber über eine andere Dämpferaufnahme für die Verwendung eines 29 Zoll Hinterrades angepasst werden. Leider ist diese Dämpferaufnahme nicht im Lieferumfang enthalten, kann aber für 35 € UVP über jeden Trek-Händler bezogen werden. 

Wichtig zu wissen: Der ab Werk montierte Fender am Hinterbau passt nur mit einem 27,5 Zoll Hinterrad. Beim Umbau auf 29 Zoll muss dieser entfernt werden. 

Außerdem: Die kleinste Rahmengröße des Slash kommt mit 27,5 Zoll Vorder- und Hinterrad und kann nicht auf Mullet oder 29 Zoll umgerüstet werden.

Unser Testbike

Wir testeten das Slash 9. Dabei handelt es sich um ein Bike mit Aluminiumrahmen, Sram GX Transmission -Antrieb und einem mittelklassigen Rockshox-Fahrwerk. Genauer gesagt, ist der neue Vivid in der Select Plus-Variante und eine Zeb Select verbaut. Beide Federelemente bieten eine Low-Speed Druckstufe, Zugstufe und am Dämpfer findet sich noch der einstellbare, hydraulische Bottom-Out. Gebremst wird mittels einer SRAM Code Bronze und die restlichen Komponenten stammen von der Hausmarke Bontrager.

Set-Up

Wir starten unsere Tests gerne mit einem neutralen Set-Up und halten uns daher erstmal an die Herstellervorgaben, sofern vorhanden. Am Dämpfer stellten wir etwas weniger als 30% SAG ein und den Luftdruck der Gabel passten wir auch entsprechend der Rock Shox – Tabelle an. Den Flip-Chip für die Progression des Hinterbaus ließen wir ebenfalls vorerst in der Standard-Einstellung ab Werk mit 20%.

Unser Testeindruck

Bergauf

Effizienz

Generell sind die allermeisten Enduro-Bikes keine Uphill-Raketen. Es geht mehr darum, den vielen Federweg und die dicken Reifen so effizient wie möglich auf den Berg zu bringen, ohne dabei die Performance bei der Abfahrt einzuschränken. Zwar erzeugt jede Umlenkung der Kette Reibung und verschlechtert dadurch die Effizienz etwas, allerdings kann der Anti-Squad Wert, also wie der Hinterbau auf den Pedaleinfluss reagiert, durch die Position der oberen Umlenkrolle relativ unabhängig angepasst werden. 

Auf Deutsch heißt das: Auch wenn die zusätzlichen Umlenkrollen etwas mehr Widerstand während des Pedalierens erzeugen, macht das Slash durch einen verhältnismäßig antriebsneutralen Hinterbau bergauf trotzdem eine anständige Figur. 

Wir würden die erhöhte Reibung der Umlenkrollen mit dem Wechsel von einem leichten Hinterreifen mit harter Gummimischung auf einen Reifen mit Downhill-Casing und weicher Mischung vergleichen. Spürbar, allerdings kein Drama.

Sitzposition und Geometrie

Durch den steilen Sitzwinkel wird man leicht nach vorne ins Rad geschoben. Wenn man ein modernes Trailbike oder Enduro mit so einem Sitzwinkel das erste Mal fährt, kommt einem die Sitzposition, besonders im Flachen, etwas komisch vor. Im Slash sitzt man, auch als großer Fahrer, sehr weit vorne im Bike. Das ist vorteilhaft für steile Anstiege, anfangs aber eben etwas gewöhnungsbedürftig.

Ebenfalls gewöhnungsbedürftig und voll im Trend liegen die kurzen Kurbeln am Trek Slash. Hier werden an allen Größen 165 Millimeter kurze Kurbeln verbaut. Aktuell wird viel mit kurzen Kurbeln experimentiert und diverse Nischen-Hersteller bauen sogar extra kurze Varianten mit 155 Millimetern. Ob man kurze oder lange Kurbeln bevorzugt, ist Geschmackssache. An einem Bike in Größe XL würden wir allerdings mindestens 170 Millimeter bevorzugen, um an steilen Anstiegen etwas mehr Drehmoment auf die Kette bringen zu können.

Schaltgruppe

Wir schneiden die SRAM AXS GX Transmission nur kurz an, denn im Grunde verdient sie ihren eigenen Langzeit-Test. Am Slash hatten wir während des Testzeitraums genau einen Schaltvorgang, bei dem die Kette nicht sofort in das nächste Ritzel geschaltet hat. In der übrigen Zeit hat die GX Transmission fehlerfrei funktioniert, egal ob unter Last oder nicht. Selbst wenn man provokant mit maximalem Druck auf dem Pedal schaltet, wird der Schaltvorgang zwar etwas lauter, die Kette verliert jedoch nie ihre sichere Führung auf der Kassette. 

Spürbar sind allerdings auch die festgelegten Schaltpunkte an der Kassette, die dafür sorgen, dass der Gangwechsel, je nachdem, wo sich die Kette gerade auf der Kassette befindet, etwas länger dauern kann.

Wenn du mehr zu den Transmission Gruppen erfahren möchtest, haben wir hier ein Video für dich:

Abfahrt

Wenn man sich das Slash so anschaut, könnte man davon ausgehen, dass eine absolute Ballermaschine vor einem steht, die alles gnadenlos wegbügelt und rigoros am Boden klebt. Überraschenderweise ist aber so ziemlich das Gegenteil der Fall. Der Hinterbau fühlt sich nach viel Support für einen aktiven Fahrstil an, gibt aber im gleichen Zug großzügig den Federweg frei, wenn er benötigt wird. Wir haben allerdings schon nach der ersten Runde auf unserem Test-Track von der Standard-Einstellung mit 20% auf 25% Progression am Hinterbau gewechselt, da das Bike bereits beim Einfahren fast den gesamten Federweg genutzt hat. Das lässt sich mit einem Multitool in zwei Minuten auf dem Trail durchführen.

Danach hat sich der Hinterbau fast nach “endlos Federweg” angefühlt, also so, als würde man ihn eigentlich nie durchschlagen. Das ganze aber ohne gegen die Nachteile einer super progressiven Kennlinie ankämpfen zu müssen.

Besonders in einer Sektion war die Auswirkung des erhöhten Drehpunkts stark spürbar. Dabei fällt der Trail relativ steil ab und geht dann in eine Senke über, in der viele kleine Wurzeln warten. In solchen Abschnitten, in denen das Fahrwerk tendenziell stark komprimiert wird und sich so anfühlt, als würde das Hinterrad an den kleinen Wurzeln und Unebenheiten hängen bleiben, bekommt man von Hinterbauten ohne hohen Drehpunkt oft viel Feedback und verliert etwas Schwung. Das Slash gleitet hier förmlich über die Unebenheiten und nimmt mehr Geschwindigkeit mit.

Negativ ist uns der erhöhte Drehpunkt am Slash eigentlich nie aufgefallen. Ob beim Manuals ziehen oder beim Abziehen an Trail-Obstacles, ist die Kettenstrebenlängung kaum spürbar und erfordert auch keine wirkliche Eingewöhnungsphase. Stimmig zum Hinterbau hat sich die Gabel verhalten. Natürlich wäre es schön, die ZEB Select Plus mit einstellbarer High- und Lowspeed-Druckstufe zu haben, allerdings hat die Zeb Select am Slash souverän gearbeitet und eine gute Balance mit dem Vivid am Hinterbau gebildet.

Die Geometrie des Slash wirkt beim Abfahren ebenfalls recht ausgewogen, sodass man gut im Rad steht. Besonders in offenen Kurven oder in Off-Camber Sektionen ist das stark spürbar. Da macht es einfach Spaß, das kurvenäußere Pedal nach unten zu drehen und auf den Grip des Bikes zu vertrauen. 

Ob es am Mullet-Setup oder der Geometrie liegt, ist etwas schwierig zu beurteilen. Am Slash fängt als erstes das Hinterrad an zu rutschen, wenn der Grip auf dem Trail etwas schlechter wird. Das ist genau das, was wir von einem Bike wollen, denn es vermittelt Sicherheit und hilft dabei, das Bike über das Hinterrad zu lenken. Dazu erfordert es am Slash auch keine große Gewichtsverlagerung nach vorne. Es reicht, wenn man zentral im Bike bleibt und das Rad in die Kurve legt. 

Positiv

Herausragend am neuen Slash sind besonders die Abfahrts-Qualitäten. Das Bike schafft sowohl eine gute Plattform für einen aktiven Fahrstil und gibt bei Bedarf trotzdem die entsprechenden Reserven frei. Dabei harmonieren der High-Pivot Hinterbau mit Rock Shox Vivid – Dämpfer gut mit der ZEB Select – Gabel. Besonders der Hinterbau nutzt, unserer Meinung nach, die Vorteile des erhöhten Drehpunkts perfekt, ohne dass die Nachteile spürbar sind.

Über die Schaltgruppe muss man nicht mehr viele Worte verlieren. Die Transmission-Gruppen haben ihre makellose Funktion bereits in diversen Tests bewiesen und auch an unserem Slash sticht die Schaltung durch ihre fehlerfreie Funktion heraus.

Ausbaufähig

Negativpunkte gibt es allerdings an jedem Bike. Beim Slash sind es die Reifen. Genauer gesagt der Hinterreifen. Wir hatten mit dem Stollenprofil des Bontrager SE5 bereits bei unserem Test des Fuel EXe zu kämpfen, bei dem die Ausführung mit leichterer Karkasse zum Einsatz kam, der XR5. Wir können nachvollziehen, dass die Hersteller die Bikes so ausrüsten wollen, dass eine gute Balance aus Rollwiderstand und Grip entsteht, allerdings ist das Stollenprofil des SE5 (oder XR5) einfach etwas zu niedrig für den Enduro-Einsatz.

Auf dem Trail macht sich das durch wenig Traktion und unkontrolliertes Ausbrechen des Hinterrads bemerkbar. Den Grenzbereich des SE5 kann man ebenfalls schwer einschätzen.

Für Bikepark-Fahrer oder Enduristen, die etwas mehr Rollwiderstand in Kauf nehmen können, würden wir daher ein Upgrade auf einen SE6 – Hinterreifen oder einen vergleichbaren Reifen eines anderen Herstellers empfehlen.

Unser Testbike, das Slash 9, ist die zweitgünstigste Ausstattung in der Produktreihe des Slash. An den beiden Einstiegsvarianten kommen leider Sattelstützen mit kürzerem Hub zum Einsatz, als bei den Carbon-Modellen 9.8 und aufwärts. So ist an unserem XL – Testbike eine Stütze mit 170 Millimetern Hub verbaut, obwohl das Rahmendesign Platz für eine deutlich längere Stütze hergeben würde. Wir würden uns hier eine Stütze mit 200 Millimetern oder mehr wünschen.

Blieb die Kette drauf?

Wenn du nicht genau weißt wovon wir sprechen, hier eine kleine Erklärung:

Wie man relativ kurz nach dem Launch des neuen Slash in diversen Videos beobachten konnte, gibt es Probleme mit dem Sitz der Kette auf der oberen Umlenkrolle. Bei zahlreichen ersten Tests des Bikes ist die Kette, trotz Kettenführung, oft von der Umlenkrolle gefallen. Das Problem hängt laut Trek mit der Positionierung der unteren Umlenkrolle zusammen. Hierzu gibt es eine spezifische Anleitung, wie diese Umlenkrolle positioniert werden muss.

Nachdem uns das Problem bekannt war, haben wir die untere Umlenkrolle und anschließend auch das Transmission Schaltwerk nach den Hersteller-Spezifikationen eingestellt und konnten während unserer Testfahrten auch keine Probleme mit der Kettenführung auf der oberen Umlenkrolle feststellen.

Fazit

Das Trek Slash 9 hat uns mit seinen vielseitigen Fahreigenschaften überzeugt. Der Hinterbau bietet eine gute Mischung aus Support und Reserven. Sowohl für ruppiges Terrain mit verblockten Sektionen, wie auch für einen aktiven Fahrstil eignet sich das Bike daher hervorragend. Das Slash vermittelt bergab viel Sicherheit und lässt sich mit einer zentralen Fahrposition super steuern. In Off-Camber – Sektionen und offenen Kurven macht das Bike besonders viel Spaß, denn das Vorderrad verliert man hier nie. Bergauf fällt die kompakte Sitzposition weit vorne im Bike auf, die sich besonders für lange und steile Anstiege gut eignet. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die 165 Millimeter kurzen Kurbeln (auch am XL – Bike). Ausbaufähig sind für uns folgende Punkte: Den Hinterreifen am Slash 9 würden wir für den Bikepark- und Enduro-Einsatz gegen einen Reifen mit mehr Grip austauschen und der Hub der Sattelstütze fällt mit 170 Milimetern an einem XL Rahmen etwas kurz aus.