Cannondale bietet eine ganze Reihe verschiedener Rahmenmaterialien am Topstone an. Im Einsteigerbereich startet Cannondale mit Aluminium-Rahmen, allerdings besitzen erst die Carbon-Modelle des Topstone das KingPin-Federungssystem am Heck, welches das Bike von anderen Gravelbikes am Markt abhebt. Was das KingPin-System genau ist und was das Topstone Carbon besonders macht, erfährst du in diesem Test.
Die höchste Entwicklungsstufe des Topstone bildet das LAB71 Frameset, das durch ein komplizierteres Layup des Carbons nochmal 160 Gramm gegenüber den regulären Carbon-Rahmen einspart, ohne in anderen Bereichen, wie beispielsweise dem Komfort oder der Steifigkeit, Kompromisse eingehen zu müssen.
Das Topstone Carbon ist eins der modularsten Gravelbikes, denn es ist sowohl als 28 Zoll-Variante erhältlich, wie auch mit 650b-Laufrädern. Für Gravler, die besonderen Wert auf Komfort legen, sind sogar Ausstattungsvarianten mit Lefty-Federgabel erhältlich.
Inhalt:
Unser Testbike
Bei unserem Testbike handelt es sich um das Topstone Carbon Apex. Wie der Name schon sagt, ist das Bike mit SRAM Apex AXS ausgestattet. Das bedeutet, wir haben die elektronische 12fach Apex verbaut. Genauer gesagt die XPLR-Version der Apex, die eine breitbandige Kassette mit einer Abstufung von 11-44 Zähnen bietet und über eine Kupplung am Schaltwerkskäfig verfügt, die den Kettenschlag reduzieren soll. Die Kurbel kommt mit einem einzelnen 40 Zähne-Kettenblatt aus. Hydraulische Scheibenbremsen sind Standard bei den AXS-Gruppen.
Lenker, Vorbau und Sattelstütze sind hauseigene Cannondale-Komponenten. Der Laufradsatz setzt sich aus DT Swiss G540-Felgen mit 24 mm Maulweite und Formula-Naben zusammen.
Das Bike wird normalerweise mit WTB Riddler-Reifen in 45 mm Breite gespect, allerdings kam unser Testbike mit Vittoria Terreno-Reifen in 40 mm. Ausstattungsabweichungen sind auch nach den großen Lieferengpässen der letzten Jahre immer noch möglich.
Ausstattung:
- SRAM Apex AXS 1×12 XPLR
- 40 Zähne Kettenblatt/11-44 Zähne-Kassette
- Cannondale Alu-Lenker, 16 Grad Flare
- Cannondale Alu-Vorbau und -Sattelstütze
- Vittoria Terreno Dry 40mm Reifen
Rahmen-Features
Das Topstone Carbon ist, dank zahlreicher Features an Rahmen und Gabel, bestens für die unterschiedlichsten Einsatzbereiche ausgerüstet, die Gravelbikes heutzutage erfüllen müssen.
Eine Vielzahl an Aufnahmepunkten erlaubt die Montage von Packtaschen und Zubehör. Sowohl am Rahmen, wie auch an den Gabelholmen befinden sich diverse Gewindeeinsätze. Auch Schutzbleche können am Topstone Carbon montiert werden und falls man diese nicht benötigt, kann die notwendige Brücke dafür ganz einfach zwischen den Sitzstreben entfernt werden. So bleibt die sportliche Optik des Bikes erhalten.
Cannondale lässt Eigenkonstruktionen und Speziallösungen immer weiter hinter sich. Glücklicherweise muss man sagen, denn asymmetrische Konstruktionen, Spezialdämpfer und ähnliche Lösungen der letzten Jahre mögen zwar einen marginalen Performance-Vorteil mit sich bringen, allerdings ist es extrem schwer, an Ersatzteile zu kommen, wenn man im Urlaub unterwegs oder das Bike bereits ein paar Jahre alt ist. Deshalb sind wir froh, dass auch am Topstone Carbon keine Spezialkomponenten zum Einsatz kommen und sogar ein geschraubtes Tretlager verwendet wurde.
Der KingPin-Hinterbau
Der Begriff “Gravel” beschreibt relativ weitläufig, wofür die Bikes eigentlich genau gemacht sind. Ein Schotterweg kann die Oberflächenbeschaffenheit einer groben Teerstraße haben, aber auch von einer ausgewaschenen Bergstraße mit groben Steinen. Damit das Topstone guten Komfort aber auch effizienten Vortrieb auf allen Oberflächen bieten kann, haben sich die Konstrukteure des Bikes ein schlaues Feature einfallen lassen.
Der KingPin ist ein Drehpunkt im Sitzrohr, der es dem Hinterbau ermöglicht, durch den Flex des Carbons bis zu 30 mm zu federn. Dabei filtert das Bike vor allem Vibrationen und kleine Unebenheiten aus dem Sattel und sorgt damit für ein bequemeres Fahrgefühl.
Unser Testeindruck
Wir hatten die Möglichkeit, das Topstone Carbon Apex AXS sowohl in unseren lokalen Revieren rund um München, wie auch bei unserer Zugspitzumrundung rund um das Wettersteingebirge auszuprobieren. Dabei hatten wir wirklich alle Bedingungen gegeben. Sowohl steile Anstiege als auch schnelle Runden auf flachem Terrain waren dabei.
Auffällig war dabei, dass das Topstone einfach funktionierte. Damit meinen wir, dass es in jeder Situation, in die wir es geworfen haben, unauffällig und zuverlässig seinen Dienst verrichtet hat.
Sitzposition und Komfort
Die Geometrie des Topstone Carbon schafft eine bequeme, nicht zu sportliche Sitzposition, die sich besonders für lange Tage auf dem Bike gut eignet. Der KingPin-Hinterbau unterstützt die Langstreckentauglichkeit des Bikes weiter. Der Flex am Sitzrohr ist nicht besonders stark spürbar, da er wirklich eher die kleineren Vibrationen herausfiltert. Auffällig ist das System eher dadurch, dass man das Gefühl bekommt, man könnte den ganzen Tag auf dem Topstone fahren, auch wenn es über Gravel-Strecken geht.
Möchte man kurze steile Anstiege hinauf sprinten und geht dazu aus dem Sattel, ist das KingPin-System hingegen nicht negativ spürbar. Der Rahmen bietet genug Steifigkeit für Sprints und ordentlich Drehmoment an der Kurbel.
Handling
Die Balance zwischen einem laufruhigen Handling für sichere Abfahrten auf Schotterwegen und einem scharfen, agilen Handling für spaßige Kurvenwechsel ist die Herausforderung bei Gravelbikes. Das Cannondale gehört eher zur ersten Kategorie und bietet selbst auf losem oder grobem Schotter viel Sicherheit. Zwar lässt es sich auch gut durch Kurven manövrieren, allerdings gibt es hier Bikes, die einen Tick flotter einlenken. Wir sind aber der Meinung, dass die Laufruhe gut zum Charakter des Bikes passt.
Schaltgruppe
Die Apex Wireless AXS-Gruppe ist zum Zeitpunkt unseres Tests erst ein paar Monate alt und wir können hoffentlich bald einen kompletten Test speziell zu der Schaltgruppe nachlegen, trotzdem möchten wir hier schon mal unsere ersten Eindrücke wiedergeben.
Als Einstieg in die AXS Wireless-Schaltgruppen ist die Apex die günstigste elektronische Schaltgruppe von SRAM. Trotzdem werden die gleichen elektronischen Bauteile verwendet, wie bei den restlichen AXS-Gruppen. Der Hauptunterschied liegt im Gewicht und den Fertigungstoleranzen. Unsere getestete Apex lief durch den gesamten Testzeitraum ohne Probleme. Einmal eingestellt, ist kein Nachstellen mehr notwendig, solange das Schaltwerk keinen Steinkontakt oder ähnliches hat.
Die Präzision der Gruppe ist wirklich gut. Zu 95% sitzt der Gang sofort und nur in Ausnahmefällen braucht die Kette einen Moment länger, bis sie auf das nächste Ritzel gewechselt hat. Hier liegt der Unterschied zu den Top-Gruppen wie Force und Red, die dank niedrigerer Fertigungstoleranzen noch etwas mehr Präzision gewinnen.
Die XPLR-Varianten der AXS-Schaltgruppen wurden speziell für den Gravel- und Cyclocross-Bereich entwickelt und bieten, wie oben schon angesprochen, eine größere Bandbreite an der Kassette.
Traditionalisten werden das zweite Kettenblatt an der Kurbel des Topstone vermissen und auch wir waren anfangs ein wenig skeptisch, ob die zwölf Ritzel wirklich für den doch recht breiten Einsatzbereich des Cannondale ausreichen würden. Besonders in puncto Abstufung muss man bei breitbandigen Kassetten oft leichte Abstriche in Kauf nehmen. Bei unserem Test hat sich allerdings gezeigt, dass die 11-44 Zähne der Kassette, kombiniert mit dem 40 Zähne-Kettenblatt, perfekt den Sweetspot getroffen hat.
An den steilen Anstiegen unserer Zugspitzumrundung hat das 44 Zähne-Ritzel auch noch für die anspruchsvollen Sektionen gereicht und auch auf den leichten Abfahrten mit 2-3 Prozent Gefälle war die Kassette noch ausreichend.
Besonders fitte Gravler, die nicht unbedingt regelmäßig lange Anstiege bewältigen müssen, werden vielleicht auf ein 42 Zähne-Kettenblatt wechseln oder Bikepacker, die viel Gewicht zuladen, profitieren möglicherweise von einer etwas leichteren Übersetzung und einem 38 Zähne-Kettenblatt. Für ein mittleres Fitnesslevel ist die Übersetzung am Topstone Carbon allerdings perfekt gewählt.
Verbesserungsfähig
Viel haben wir am Topstone Carbon nicht auszusetzen und was wir bemängeln würden, sind eher persönliche Präferenzen als wirkliche Kritikpunkte.
Der Lenker am Topstone und nebenbei bemerkt, an vielen andern Gravelbikes, fällt am Unterlenker leider etwas kurz aus. Das liegt nicht an einer falschen Einstellung, sondern schlichtweg an der Bauform des Lenkers. Wir würden einen Lenker bevorzugen, der hier etwas länger ist, damit man sich auf langen, schnellen Geraden bequemer auf den Unterlenker abstützen kann. Für Abfahrten, bei denen die Handposition sowieso weiter vorne am Lenker liegt, funktioniert der Original-Lenker jedoch problemlos.
Als zweiten Punkt müssen wir die Reifen angeben. Die 40 Millimeter Vittoria-Reifen sind zwar sowieso eine Ausstattungsabweichung und ersetzen die 45 Millimteter breiten WTB-Reifen, die unserer Meinung nach auch besser zum Topstone passen, dennoch möchten wir kurz darauf eingehen. Die schmaleren Vittoria Terreno Dry rollen zwar wirklich gut und bieten auf guten Schotterwegen ausreichenden Komfort, für etwas gröberes Terrain eignen sich großvolumigere Reifen allerdings etwas besser.
Fazit:
Das Cannondale Topstone Carbon Apex konnte uns voll begeistern. Es bietet eine Plattform, die für zahlreiche Facetten des Gravelns bestens geeignet ist. Die Geometrie und das Handling vermitteln viel Komfort und Sicherheit, auch auf gröberen Schotterwegen. Die Übersetzung ist ab Werk für viele Gravelbiker perfekt gewählt und lässt sich für Spezialeinsätze leicht über ein anderes Kettenblatt anpassen.