E-Bike – Welche Reichweiten haben die Akkus?

E-Bike – Welche Reichweiten haben die Akkus?

Die entscheidenden Faktoren

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Wie weit komme ich mit meinem E-Bike, wenn der Akku voll geladen ist? Die Frage nach der Reichweite ist eine der meistgestellten, wenns ums Thema Elektromobilität geht. Leider gibt es darauf keine allgemeingültige – und vor allem keine kurze Antwort! Denn zu viele Faktoren spielen in Punkto Reichweite eine Rolle.

Viele Faktoren nehmen Einfluss auf die Reichweite

Sicher ist: Man sollte den Herstellerangaben im Hochglanzkatalog nicht vorbehaltlos glauben. Zumindest nicht, wenn nicht auch die genauen Bedingungen der jeweiligen Reichweiten-Ermittlung angegeben werden! Jeder E-Bike Hersteller versucht natürlich, seine Modelle in ein möglichst positives Licht zu stellen.

Deshalb unser Tipp: Nicht von astronomisch hohen Reichweitenversprechungen blenden lassen, sondern die Angaben eher defensiv beurteilen.

Die wichtigsten Faktoren in Kürze. Im weiteren Verlauf gehen wir auf die Punkte detailliert ein und geben dir Tipps dazu:

  • Akkugröße/Energie
  • Nutzungsintensität (Unterstützungsstufen)
  • Schaltverhalten des Fahrers
  • Topografie/Untergrund (Ebene, Hügel, Berge)
  • Fahrergewicht und Zuladung
  • Akku (Alter und Außentemperatur)

Bei allen Angaben und Tipps haben wir uns meist am Bosch-System orientiert. Der Hersteller Bosch ist Marktführer in Sachen E-Bike-Antriebe.

Akkugröße/Energie

Grundsätzlich gilt: Je mehr Ladung (elektrische Energie) ein Akku speichern kann, desto höher ist seine Reichweite. Diese Energie (Wh = Wattstunden) berechnet sich aus Spannung (V = Volt) und Kapazität (Ah = Amperestunden).

Die Energie in Wattstunden ist deshalb der entscheidende Wert. Bis etwa ins Jahr 2015 waren die meisten E-Bikes (Pedelecs) mit 400 Wh-Akkus ausgestattet.

Beispiel für den weit verbreiteten Bosch Perfomance Line CX Antrieb: Unter günstigen Bedingungen (siehe auch die weiteren Punkte) kommst du damit im Tour-Modus (zweite Stufe von vier) etwa 65 Kilometer weit.

Inzwischen haben sich weitgehend Akkus mit 500 Wattstunden durchgesetzt. Zum Vergleich: Unter denselben Bedingungen würde die Reichweite des 500-Wh-Akkus etwa 80 Kilometer betragen. Ein Plus von etwa 20 Prozent.

Nutzungsintensität (Unterstützungsstufen)

Das Grundprinzip: Ohne eigenes Treten, also die Leistung des Fahrers, fährt kein E-Bike los! Über die Motorsteuerung im Bedienpanel (Display) kann der Fahrer nun wählen, wieviel Power der Motor beisteuert. Beim Bosch Antrieb sind das beispielsweise die Modi Eco, Tour, Sport und Turbo (von niedrig nach hoch). Jüngst kam bei der Performance CX Line noch der eMTB-Modus hinzu, der die Unterstützung automatisch der Fahrweise anpasst.

Das Display bietet auch die Möglichkeit, die Reichweite des Akkus zu überwachen. Man kann direkt beim Umschalten der Modi sehen, wie sich die verbleibende Distanz erhöht oder verringert. Klar, im Turbo-Modus macht es einen riesen Spaß, die Steigungen hinauf zu preschen. Ein Blick aufs Display mahnt jedoch zur Zurückhaltung! Denn der Turbo saugt den Akku leer wie ein durstiges Kamel an der Oase. Die Reichweite sinkt bei vollem Akku schlagartig auf 30 Kilometer und sogar deutlich darunter.

Unser Tipp für maximale Reichweite: Passe die Fahrmodi ständig an deine Fahrweise und die Topografie an. Auf flachen Wegstrecken so wenig Unterstützung wie möglich wählen, bergab den Motor komplett abschalten.

Bergauf: Tu was für deine Fitness und wähle auch an Steigungen die Unterstützungsstufe so niedrig wie möglich. Gewöhne dir eine hohe Trittfrequenz an (siehe nächsten Punkt), dann kommst du sogar im Eco-Modus locker den Berg hoch.

Schaltverhalten des Fahrers

Die Erfahrung zeigt, dass sich höhere Trittfrequenzen energiesparend auf das System auswirken. Mindestens 60 bis 70 Umdrehungen pro Minute sollten es schon sein, besser 80! Das erreichst du über die Schaltung, indem du stets den passenden Gang einlegst.

Noch ein Tipp: Vermeide das Anhalten und wieder Anfahren so weit wie möglich! An der Ampel mit kleinem (Berg-) Gang antreten und im Anschluss Gang für Gang hochschalten wie beim Auto.

Übrigens: Nabenschaltungen „verbrauchen“ durch die höhere Reibung im inneren Getriebe etwas mehr Akkuleistung als Kettenschaltungen.

Topografie (Ebene, Hügel, Berge)

Bergaufstrecken mit hoher Motorunterstützung verbraten die meiste Energie. Wer hier haushält mit den Reserven, kommt am weitesten. Das heißt: Niedriger Modus in Kombination mit hoher Trittfrequenz. Siehe auch die beiden vorangehenden Punkte, Schaltverhalten und Nutzungsintensität.

Fahrergewicht und Zuladung

Ein E-Bike alleine wiegt in der Regel bereits mindestens 20 Kilo, meist deutlich darüber. Hinzu kommt das Gewicht des Fahrers, plus weitere Zuladung wie sein Tourenrucksack oder sogar größeres Gepäck auf Reisen. Da gibt es einiges zu tun für den Antrieb!

Die Hersteller-Angaben für die Reichweiten legen meist ein mittleres Fahrergewicht von 70 bis 80 Kilo zugrunde. Wer also darüber liegt muss mit Einbußen rechnen! Erst recht, wenn noch Gepäck an Bord ist. Leichtere Fahrer hingegen profitieren von ihrem Fliegengewicht.

Akku (Alter und Außentemperatur)

In der Regel verwenden alle Hersteller heute so genannte Lithium-Ionen-Akkus. Deren größter Vorteil ist, dass sie keinen Memory-Effekt besitzen. Das heißt, man kann sie jederzeit nachladen, ohne dass ihre Ausdauer nachlässt. Akkus alter Bauart gehen deutlich schneller kaputt, wenn sie nicht vor dem Laden weitgehend leer gefahren werden.

Aber Vorsicht: Auch Lithium-Ionen-Akkus sollten nie komplett entladen werden! Und der fehlende Memory-Effekt bedeutet leider nicht, dass sie ewig halten. Denn nach etwa 1000 Ladezyklen hat sich ihre Ausdauerfähigkeit um rund die Hälfte reduziert. Diese kontinuierliche Abnahme der Leistung gilt es bei der Reichweitenberechnung zu berücksichtigen!

Außerdem: Je kälter die Umgebungstemperatur ist, desto scheller gehen die Energiereserven zur Neige.

Weitere Tipps für mehr Reichweite und ökonomischen Energiehaushalt bei E-Bikes

Reifendruck optimieren

Der Rollenprüfstand beweist: Der Rollwiderstand der Reifen spielt eine meist unterschätzte Rolle! Ein zu weich aufgepumpter Reifen schluckt Energie. Aber auch ein steinharter Pneu rollt nur vermeintlich gut! Denn wenn sich die Lauffläche nicht ein bisschen an den Untergrund anschmiegen kann, wirkt jede Unebenheit (z. B. die einzelnen Steine auf einem Schotterweg) wie ein Mini-Hindernis und bremst das Rad. Der richtige Luftdruck spart also Akku-Leistung!

Zweitakku mitnehmen

Auch eine Möglichkeit, die Reichweite zu erhöhen. Die Nachteile: Ein Zweitakku kostet bis zu 800 Euro und belastet das System aus Fahrer und Bike mit einem Übergewicht von bis zu 5 Kilo.

Akku unterwegs nachladen

Statt eines schweren und teuren Zweitakkus kann man auch nur ein vergleichsweise kompaktes Ladegerät mitnehmen. Das macht Sinn auf längeren Touren, wenn man zum Beispiel eine Mittagspause einlegt. Oder unter der Woche am Arbeitsplatz, um genügend Reichweite für den Heimweg zu generieren. Richtwert: Eine Stunde nachladen bringt bei 4 Ampere Ladestrom (Bosch) ein Plus von etwa 30 Kilometern.

Bosch Reichweiten-Assistent

Unter www.bosch-ebike.com steht ein detaillierter Online-Rechner zur Verfügung, mit dem sich unter Berücksichtigung aller Faktoren zahlreiche Szenarien durchspielen lassen. So bekommt man ein immer besseres Gefühl für die Reichweiten von E-Bikes.

Fazit

Mit dem richtigen Energiemanagement sind heute tatsächlich große Reichweiten mit dem E-Bike erzielbar. Um noch einmal den Bosch Performance CX Antrieb als Beispiel zu nehmen: Selbst im bergigen Terrain sind im Eco-Modus und mit 500-Wh-Akku an die Hundert Kilometer drin! Und sollte der Akku trotz aller Sparmaßnahmen doch einmal unterwegs leer fallen, kann man zur Not immer noch treten! Wenngleich sich der Fahrspaß dann deutlich in Grenzen hält. Besonders mit dem Mountainbike im Gelände!